Zeig mir deine Freunde und ich sage dir welche Gewohnheiten du hast

• 8 Minuten Lesezeit • von Frank

„Zeig mir deine Freunde und ich sage dir wer du bist.“ Dieses bekannte Sprichwort ist wahr. Gott hat uns als soziale Wesen geschaffen. Wir brauchen und sehnen uns nach einem Umfeld in dem wir uns einfügen können. Dafür ist es wichtig, sich den Gebräuchen und Traditionen dieser Gruppe anzupassen.

Die ersten Anpassungen finden bereits im Kleinkindalter statt. Dem Kind wird ein Familienrhythmus beigebracht. Es lernt wann es Essen gibt, wann Schlafenszeiten sind, welches Verhalten angemessen und welches verboten ist. Das alles geschieht ganz nebenbei und wird in der Regel nicht hinterfragt.

Wie sehr das Umfeld prägen kann, wird auch an einem Satz deutlich, der selten gesagt aber oft gedacht wird: „Was denken die Leute?“ Ich fühlte mich einmal sehr unbehaglich, als ich den Rasenmäher vom Nachbarn hörte. Das erinnerte mich nämlich daran meinen eigenen Rasen zu schneiden. Zwar war der Rasen eigentlich noch ganz in Ordnung. Ich wollte aber auf keinen Fall, dass der Nachbar mich für eine faule Socke hält.

Genauso richten wir uns nach den Sitten und Gebräuchen in einer Kirche. Jede Gemeinde hat ihren ganz eigenen Charakter. Ich habe mal von jemandem gehört, dass Leute aus anderen Gemeinden erst einmal eine Phase des Kennenlernens haben, bevor sie mitarbeiten dürfen weil sie einen „Stallgeruch“ an sich haben. Ich übersetze das mit „Gemeindegewohnheiten“. Die können sogar gut und nützlich sein, trotzdem ist es wichtig, dass man sich weitgehend einfügt, weil es sonst zu Spannungen führen kann.

Während meinem Zivildienst besuchte ich eine „geschlossene Brüdergemeinde“ – die heißen wirklich so! Mir wurde gesagt, dass die Leute da besonders fromm sind. Ich betrat also ein kleines Bauernstüblein im ersten Stock, war etwas zu spät, weil ich die Gemeinschaft nicht gleich gefunden habe, und setzte mich neben einen dieser Brüder. Sie verharrten bereits im Gebet und konnten mich nicht begrüßen. Die erste Gewohnheit die ich kennen lernte war, dass es einen Abstand braucht. Der Bruder neben mir rückte also einen Stuhl weiter. Während dem Singen schlug ich ein Lied vor. Widerwillig wurde es gesungen und nach der Versammlung lernte ich, dass Gäste grundsätzlich keine neuen Lieder vorschlagen.
Was für mich als junger Mann außerdem sehr besonders war, war die Tatsache, dass alle Männer immer mit Anzug in den Gottesdienst kamen. Das war eine Sitte, die ich auf keinen Fall annehmen wollte. Du kannst dir denken, was passiert ist: Nach wenigen Wochen war ich mit Anzug im Gottesdienst. Nach dem Zivildienst brauchte es wieder Monate, bis ich mich mit meinem „gesetzlichen“ Denken wieder an die Traditionen meiner Heimatgemeinde gewöhnen konnte.

Wir lernen: Die Menschen, die uns umgeben haben extreme Kraft auf unsere Gewohnheiten. Man könnte das auch Gruppenzwang nennen. Wobei Verhaltensänderung sich nicht immer nach Zwang anfühlt und viele positive Aspekte hat.
Jemand hat einmal gesagt: Du bist der Durchschnitt der fünf Personen mit denen du dich am häufigsten umgibst.

Wenn du das verstanden hast, kannst du diese Wahrheit wunderbar zu deinen Gunsten nutzen. Du willst ein Beter sein, dann triff dich häufig mit Leuten die gerne beten und bete mit ihnen. Du willst sportlich sein? Geh in eine Sportgruppe. Du willst mehr lesen? Unterhalte dich mit belesenen Leuten über die Bücher, die sie gerade lesen. Du willst evangelisieren? Geh auf eine Missionskonferenz und versuche Kontakte zu knüpfen oder besuche einen Missionar. Nimm an evangelistischen Aktionen teil.

Du kannst die Tatsache, dass Menschen Menschen prägen, auch nutzen um anderen zu helfen voranzukommen. Wir nennen das „Jüngerschaft.“ Suche dir jemand, den du im Glauben fördern kannst. Ihr könnt gemeinsam in der Bibel lesen, zusammen beten, zusammen alte Geschwister besuchen usw. Und du kannst mit Sicherheit davon ausgehen, dass dein Schüler dem Meister immer ähnlicher wird.
Dieses Prinzip findest du übrigens auch zuhauf in der Bibel.

Könnte man das nicht auch für die Teenie-Erziehung nutzen?

Ab dem Jugendalter werden die Gewohnheiten der Eltern schließlich immer weniger wichtig. Sie entziehen sich geradezu ihrem Einfluss. Dafür werden die der Freunde umso wichtiger.
Aber genau darin liegt ihre Chance. Du willst nicht, das dein Heranwachsender mit 24/7 Computerspielen aufwächst? Dann schau, dass dein Kind in eine gute Jugendstunde gehen kann. Oder geht als Familie in den Albverein.

Manchmal muss man dem Kind verbieten sich mit schlechten Freunden zu treffen. Wir mussten das auch schon machen und es war sehr hart, lohnt sich aber auf lange Sicht!

Ich kenne Eltern, die bereit waren, jede Woche viele Kilometer zu fahren um ihren Heranwachsenden ein positives Umfeld zu ermöglichen. Das ist viel Mühe und Arbeit, die sich langfristig aber ganz bestimmt auszahlt.

Freunde
können Vorbilder sein und wie das Wort schon sagt, wird da etwas kopiert. Wenn es ein Vorbild gibt, gibt es auch ein Abbild. Aber nicht nur Freunde werden kopiert, sondern in einem hohen Maße auch Menschen zu denen wir aufschauen. Stars und Idole. Es können aber auch Gemeindeleiter und Missionare oder ganz einfache aber treue Leute sein.

Ich war einmal in einer Gemeinde, in der alle Ältesten ihre Freunde evangelisiert haben. Die ganze Gemeinde wusste das. Ich war verwundert und fragte, warum sie so viel Zeit in diesen Dienst stecken. Da wurde mir gesagt, dass wenn die Hirten nicht evangelisieren, es die Schafe auch nicht tun. Und tatsächlich. In dieser Gemeinde kamen ständig Menschen zum Glauben.

Einer der Lehrer auf meiner Bibelschule war mir ein großes Vorbild. Ich habe ihn für seinen ernsthaften und hingegebenen Glauben bewundert. An manchen Tagen war er von früh am Morgen bis spät am Abend unterwegs um Leute zu besuchen und mit ihnen aus der Bibel zu lesen. Ich wollte unbedingt auch so werden wie er. Auch seine Predigten fand ich herausragend gut. Aber er hatte eine kleine Sprach-Marotte. Er sagte oft „Na gut“. Wir hatten die Aufgabe vor versammelter Mannschaft eine Andacht zu halten. Mein besagtes Vorbild war auch anwesend und während meiner Andacht mimte ich sein Sprechen nach und benutzte sogar die Worte „na gut“ – das war peinlich 🙊.

Ich hatte in dieser Hinsicht tatsächlich unbewusst mein Vorbild abgebildet. Ganz automatisch.

Verbring also viel Zeit mit Menschen, von denen du geprägt werden willst.

Was aber, wenn das im Alltag nicht immer möglich ist?
William MacDonald, ein bekannter Bibellehrer,  meinte einmal dass er zuerst die Bibel liest (die ja auch voller Vorbilder ist) und als zweites Biographien.
Biographien sind eine hervorragende Möglichkeit, in das Leben von guten Vorbildern hineinzutauchen und von ihnen zu lernen.

Zusammenfassung:

Wir sind Gemeinschaftswesen und haben eine tiefe Sehnsucht in der Gruppe oder Gesellschaft akzeptiert zu werden. Dafür ahmen wir die Gewohnheiten unserer Umgebung nach. Diesen Effekt können wir nutzen, indem wir uns mit Menschen umgeben oder mit Büchern beschäftigen, die Gewohnheiten haben, die wir uns selbst gerne aneignen wollen.
Eine besondere Rolle spielt diese Wahrheit auch in der Teenie-Erziehung, wo der Einfluss der Eltern schwindet und die Freunde immer wichtiger werden. Die Eltern können gute Freunde für die Kinder aussuchen und diese Beziehungen fördern.

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