Soziale Gewohnheiten

• 5 Minuten Lesezeit • von Frank

Eine der wichtigsten Gewohnheiten finden sich im größten Gebot wieder: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“. Paulus erklärt dazu, dass alles nutzlos ist, wenn es nicht in Liebe geschieht. Aber wie liebt man? Und wie kann man Liebe zur Gewohnheit machen? Ich möchte in diesem Artikel einige (hoffentlich) nützliche Tipps für Liebesgewohnheiten nennen, die sich in meinem Alltag als äußerst nützlich erwiesen haben.

Übrigens könnte man diese Verhaltenshinweise auch als Präevangelisation oder auf Deutsch als „vorbereitende Evangelisation“ bezeichnen. Also als Verhalten, das angewendet werden muss bevor man mit Menschen über das Evangelium sprechen kann. Ein Verhalten, das Beziehung baut, auf deren Grundlage dann die Botschaft transportiert werden kann.

1.Ermuntern

Wir Menschen haben verschiedene Bedürfnisse. Wir brauchen Essen und Trinken, ein Dach über dem Kopf, einen Partner, Kinder und Anerkennung von den Menschen, die uns wichtig sind.

Während die erst-genannten Bedürfnisse in der Regel früher oder später erfüllt werden, dürsten erstaunlich viele Menschen sehnsüchtig nach der Anerkennung. Ich war kürzlich auf einem Vortrag vom „Bibelraucher“. Er wurde als Baby von seiner Mutter auf einem Feldweg ausgesetzt, kam ins Heim und wurde extrem gewalttätig. Im Vortrag sagte er: „Ich dürstete danach, dass mein Vater mir nur ein einziges Mal sagt: Ich bin stolz auf dich oder dass meine Mutter mir sagt: Ich liebe dich“. Dieser Durst führte bei ihm zu einem extremen Verhalten.

Ein ernst gemeintes Kompliment kann wahre Wunder bewirken. Ich verteile gerne Komplimente und merke, wie Menschen dadurch geradezu aufblühen können. Vor allem jene Menschen, die durch Lieblosigkeiten schon ganz vertrocknet sind.

Mark Twain soll gesagt haben: „Von einem guten Kompliment kann ich zwei Monate leben“.

Hüte dich aber vor falschen Komplimenten und Schmeicheleien. Niemand mag gerne eingeschleimt werden und glaube mir, die Leute merken ob ein Kompliment echt ist oder nicht. Meine Beobachtung ist jedoch, dass in meinem Kulturkreis in Süddeutschland eher der Satz gilt: „Nichts gesagt ist genug gelobt“. Ich würde dir raten lieber zu viel Gutes zuzusprechen, als Angst zu haben vor einem unechten Kompliment. Du brauchst auch keine Angst zu haben, dass dein Gegenüber hochmütig wird. Das Leben ist ein harter Kampf und zieht uns immer wieder nach unten.

Wirklich nicht zielführend hingegen ist es kleine Kinder für drei schräge Striche zum Picasso zu erklären. Kinder brauchen Ermutigung und viel Liebe. Falsches Lob hingegen ist aus meiner Sicht lieblos, weil es lebensfremd ist und das Kind im Glauben lässt im Leben keine Leistung mehr erbringen zu müssen.

Kommen wir aber wieder zum Lob zurück. Wie geht das konkret? Ich habe mir angewöhnt Leuten zu danken, die mir Gutes tun. Manchmal ist es die Verkäuferin an der Kasse, die Müllabfuhr, der Arzt, die Bibliothekarin, der Prediger, die Jungs an der Technik, das Musikerteam usw. Sie alle und noch viel mehr tragen dazu bei, dass mein Leben reicher und schöner ist und das will ich sie wissen lassen.

Wer eine Stufe tiefer gehen will kann sich noch überlegen was genau die Bereicherung für mein Leben ist und das so kommunizieren. Z.B. “ Ich hatte eine miserable Woche, aber das Gespräch mit dir hat mich ermutigt und mir neue Hoffnung gegeben.

Eine ganz andere Art der Ermutigung ist Bewunderung. Z.B. Ich bewundere dich dafür, dass du mit so vielen Menschen Kontakt hältst. Da hat Gott dir wirklich eine tolle Gabe gegeben.

Jeder Mensch hat etwas Bewundernswertes an sich. Ich habe Kontakt zu einem lieben Bruder mit einer geistigen Behinderung. Auch er ist so ein vertrocknetes Pflänzchen, das nicht viel Wertschätzung bekommt. Ich habe ihm gesagt, dass ich ihn aufrichtig für seine Zufriedenheit bewundere. Ein breites Grinsen machte sich breit. Seither sagt er jedes Mal zu mir: Ich bin so zufrieden, gell?

Ermunterung, Erbauung, Lob, Wertschätzung oder das Geben eines guten Komplimentes ist eine sehr gute und wichtige Gewohnheit. Welche konkrete Schritte könntest du gehen um sie in deinem Leben umzusetzen?

Deshalb ermuntert einander und erbaut einer den anderen, wie ihr auch tut.
1.Thessalonicher 5,11

2. Sei aufmerksam

Herzlich wurden wir alle mit Namen begrüßt, als wir unser Bibelschuljahr in Salzburg begannen. Andreas, einer der Lehrer, von dem ich wusste, dass er mit sehr vielen Leuten Kontakt hat, begrüßte mich und meine ganze Familie mit Namen. „Was für eine Wertschätzung“, dachte ich, „wir haben uns vorher nur einmal unterhalten“.

Später lernte ich, dass Andreas immer ein Notizbuch zur Hand hatte, im Gespräch den Namen öfter aussprach und ihn danach aufgeschrieben hat. Eine tolle Gewohnheit, zumal heute jeder ein Notizbuch im Smartphone zur Hand hat.

Das schönste Wort ist immer der eigene Name. Wir alle freuen uns, wenn uns jemand mit Namen anspricht. Ich kenne jemanden, der es sich zur Gewohnheit gemacht hat das Namensschild der Verkäuferin am Supermarkt zu lesen und sie mit Namen anzusprechen. Durch diese Gewohnheit ist er in den Geschäften, in denen er unterwegs ist, der Liebling der Verkäuferinnen und wenn Zeit ist gibt es noch einen kurzen Smalltalk.

Wenn du dich mit Leuten unterhältst, sei aufmerksam und schreibe wichtige Infos mit. Ist jemand schwanger? Wann ist der Geburtstermin? Jemand baut ein Haus, was sind seine Herausforderungen? Jemand steht vor einer schweren Prüfung. Wann ist die Prüfung?

Wenn du eine Gebetsliste hast ist da der Ort für solche Notizen. Gutes Zuhören und aufmerksames Nachfragen sind starke Gewohnheiten um Beziehungen zu vertiefen.

Daher, meine geliebten Brüder, sei jeder Mensch schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn.
Jak 1,19

3. Fehler zugeben

Fehler zugeben fällt uns allen schwer. Vor einigen Jahren hatte ich eine Patientin, die mit einem Schleudertrauma zu mir kam. Ich fragte sie, wie es dazu gekommen ist. Die Antwort verblüffte mich: „Ich habe einen Autounfall gehabt, den ich selbst verursacht habe“. Ich hatte schon viele Patienten nach einem Autounfall, noch nie vorher und nie mehr danach hatte ich jemand, der selbst schuld war – oder wie ich eher vermute, der es zugegeben hat.

Verachtet habe ich sie dafür nicht. Im Gegenteil, sie ist in meiner Achtung gestiegen.

Ein befreundeter Missionar wurde einmal in einer Gemeinde schwer beschuldigt, so schwer, dass er alle Ämter und Dienste niederlegen musste. Anstatt sich zu verteidigen sagte er: „Für was ich beschuldigt wurde ist falsch, aber es ist noch viel mehr Böses in meinem Herzen, von dem ihr keine Ahnung habt.“

In jedem Herzen ist viel mehr Böses als wir ahnen. Wenn ich zugebe ein fehlbarer Mensch zu sein, nehme ich jedem Anklagegespräch die Schärfe und vermeide es selbst bitter zu werden.

Sinnlose Diskussionen vermeiden

Vermeide nutzlose Diskussionen, theologische Streitigkeiten und Rechthabereien. Sie rauben Energie und zerstören Beziehungen.

Marshall Rosenberg, der bekannte Kommunikationspsychologe sagte einmal ganz richtig: „Willst du recht haben oder glücklich sein? Beides zusammen geht nicht. “

Vielleicht kannst du den Anderen in Grund und Boden diskutieren. Aber macht das glücklich? Hast du schon mal eine Diskussion gewonnen aber ein Herz verloren? Ich schon. Versuche dein Gegenüber nicht zu besiegen, sondern zu verstehen. Nicht nur in seinen Worten, sondern auch in seinen Bedürfnissen, seinen Gefühlen und seiner Geschichte. Denn von einem Feind wird man sich nicht in die Knie zwingen lassen, auf einen Freund aber hört man schon eher.

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